Sächsische Zeitung (SZ) über die Ausgrabungsarbeiten an der Wehrmauer von Arkadius Guzy • GUZY.ARKADIUS@DD-V.DE
Die Entstehung der Wehrmauer liegt im Dunkeln. Nun wird sie Schritt für Schritt erkundet.
Ein kalter Wind weht durch die Bäume. Eva Lorenz steht halb gebückt in einer Grube und knipst mit einer Gartenschere Graswurzeln ab, die hineinragen. Die Grabungstechnikerin des Landesamts für Archäologie erforscht mit ihrem Kollegen die Wehrmauer in Horka.
So einzigartig das Bauwerk für die Region ist, so wenig ist über seine Entstehungsgeschichte bekannt. Der für Frühjahr geplante Beginn der Restaurierung der Anlage gibt eine Gelegenheit, das eine oder andere Geheimnis zu lüften. Innen und außen an der Mauer wurden deshalb Schürfe ausgehoben. Die etwa 1,20 Meter breiten Streifen geben einen Einblick in das Bodenprofil an der Anlage und die Bauweise der Mauer.
Sie kommt fast ohne Fundament aus. Nur innen zeigt sich ein kleiner Fundamentvorsprung. Ansonsten setzt sich die Mauer im Boden fort, außen etwa einen halben Meter, Erde und Abfall :wurde angekippt. Die Grabungsarbeiten haben Scherben zu Tage gefördert, Stefan Krabath, Gebietsreferent im Landesamt für Archäologie, datiert sie auf das 13. Jahrhundert. Dieser Rückschluss ist über eine Indizienkette – möglich: Ähnliche Haushaltskeramik wurde laut Krabath in Dresden gefunden. An der Grabungsstelle dort zum Vorschein gekommenes Holz ließ wiederum eine zeitliche Bestimmung der Stücke zu.
Über die Siedlungsgeschichte der Wehrmauer in Horka ist wenig bekannt Es wird vermutet, dass die Anlage im 12. oder 13. Jahrhundert errichtet wurde. „Die Scherben bestätigen noch nicht, wann die Mauer gebaut wurde“, sagt Krabath auf Nachfrage. Sie müssen erst in einen Bezug zur Mauer gesetzt werden. Hier kommen die Schürfe und die beiden Grabungstechniker ins Spiel. Was sie machen, hat wenig mit Schatzsuche zu tun. Es ist nüchterne wissenschaftliche Arbeit. Es geht nicht um Schätze, sondern um Zusammenhänge.
Eva Lorenz kratzt mit einem Schaber die Flanke der Schürfe sauber. Erde rieselt auf den Grund. Wie ein Schichtkuchen sieht das nun scharf abgestochene Bodenprofil aus. Zuoberst die schwarze Humusschicht. Dann folgt eine braune, eine rötliche und eine ockerfarbene Lage. Holzkohlestückchen bilden schwarze Einsprengsel.
„Die braune Schicht zieht unter die Mauer“, erklärt Eva Lorenz. Auf diese Erdlage kommt es an. Sie steht im Zusammenhang mit der Mauer. Doch die Scherben stecken vor allem in der Humusschicht. Lorenz schabt sie mit der Erde heraus. Dann sammelt sie die Tonstücke auf und packt sie in ein Plastiktütchen. Im Landesamts werden die Funde gesäubert, beschriftet und archiviert. Die Grabungstechnikerin vermisst den Verlauf der Erdschichten und dokumentiert alles.
Einige Tage zuvor hat sie mit ihrem Kollegen die Wehrmauer samt Kirche vermessen. Die erhobenen Daten sollen helfen, ein umfassendes Bild von der Anlage festzuhalten. Denn die Quellenlage ist wie für die Entstehungszeit typisch wenig ergiebig. Nur Vermutungen und theoretische Überlegungen konnten bisher über die in der Region einzigartige Wehrmauer angestellt werden.